Freitag Nachmittag, kurz vor Beginn der 'conversation class'. Die älteren Schüler der Alysha-Chan-Schule tummeln sich vor dem Schulgebäude und bombardieren mich mit Fragen. Um am kostenlosen Englischunterricht teilzunehmen, sind viele von ihnen aus den umliegenden Dörfern hergeradelt. Etwas abseits steht Sam–Bo und blickt schüchtern, aber neugierig auf das Treiben. Für neue Schüler wie ihn bedeutet der Unterricht bei uns eine Umstellung. Sam–Bo muss nicht von seinem Platz aufspringen, wenn ich ihn anspreche. Auch das Unterrichtsgespräch kennt er nicht. An kambodschanischen Schulen wird nachgesprochen, was der Lehrer vorspricht oder an die Tafel schreibt. Unsere Themen sind für die Schüler außergewöhnlich; heute geht es um Trinkwasser. Gespannt lauschen Sam–Bo und die anderen. Sie werden mit Fragen konfrontiert, über die sie noch nie nachgedacht haben.
Anke Treuter, Würzburg
Mit seinem Angebot erreicht Sorya SchülerInnen aller Altersstufen
Warum müssen die Kinder kambodschanischer Reisbauern Englisch können? Müssen sie nicht – aber Sorya eröffnet ihnen Möglichkeiten, mehr über die Welt zu erfahren, und sich Fähigkeiten anzueignen, die sie und ihr Land bereichern. Englisch ist dabei das Geringste – Im Kontakt mit den Langnasen aus Deutschland kann man eine Menge lernen. Die können zwar keinen Reis anbauen, aber Computer bedienen und mit Dänen und Italienern sprechen, als wäre es nichts. Eine Menge Dinge sehen sie mit anderen Augen und erzählen davon. Für uns ist die kambodschanische Sicht ebenso spannend. Für diesen Austausch ist Englisch ein gutes Medium.
Unsere Themen sind neu für unsere Schüler, und auch die Art, in der wir sie behandeln. Zusammen besuchen wir die Stätten des Terrors – und entdecken Gemeinsamkeiten deutscher und kambodschanischer Geschichte. Wir sprechen über die Gründe, warum wir in Flugzeugen reisen und sie in klapprigen Bussen. Die Bücher unserer Bibliothek sind die ersten, die unsere Schüler jenseits der Schulbücher lesen.
Wir haben Gesprächs- und Lektüreklassen gegründet, um uns besser mit Themen aus Gesellschaft und Leben beschäftigen zu können. Dabei ist die Teilnahme und Meinung der Schüler gefragt. Für die Zukunft sind weitere Exkursionen und Projekttage geplant, an denen sich die Schüler Themen aus mehreren Perspektiven und in mehreren Sprachen nähern können. Für diesen intensiven Unterricht wollen wir der Schule auch weitere Ausstattung an die Hand geben.
Kambodscha braucht noch viele Orte der Bildung und Ausbildung, die seinen Menschen als Fenster zur Welt dienen. Inhaltlich wollen wir uns erweitern und in der Erwachsenenbildung und Berufsbildung engagieren.
Auch unsere Lehrer haben nie ausgelernt: Sie erweitern Ihre Fähigkeiten in Computerkursen, auf Fortbildungen und beim teacher training. Durch den ständigen Kontakt mit Menschen aus anderen Teilen der Welt haben sie Gelegenheit, ihre Kenntnisse zu verbessern.
Manche Schülerinnen kommen zu uns, weil sie einmal studieren wollen. Andere lernen nur zum Spaß. Sie werden vielleicht bei der Reisernte englische Lieder singen. Einige haben ein solches Talent, dass sie bereits als Lehrer bei uns arbeiten. Ihnen allen wird durch Bildung und Ausbildung die Welt etwas offener stehen als vorher. Vielleicht werden sie uns eines Tages in Deutschland erklären, wie man Reis anpflanzt.